«Die Rose ist ein Symbol für mich selbst»

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Vier Fotografinnen, ein Thema: die Blume. Wer nun glaubt in der Ausstellung der Zürcher Galerie TART gehe es nur um Schönheit und florale Pracht, der irrt. Jede der Künstlerinnen benutzt das symbolträchtige Objekt auf ihre eigene Weise, um damit eine tiefgründige Thematik abzuhandeln. Damit wird die Ausstellung zu einem Ort der Intimität, Kontemplation und Reflektion.

ANNA HALM SCHUDEL zeigt ein leuchtendes Rosenmeer

Gleich beim Eingang sticht Anna Halm Schudels üppige Blumenpracht ins Auge. Sie besteht aus 60 farbintensiven Aufnahmen. Rosen, fotografiert mit einer Polaroid SX70. Die Werke sind eine Auswahl ihres seit 1996 andauernden Projekts. Seit 25 Jahren lichtet die in Zürich lebende Fotografin frische, ausgebleichte, verdorrte oder verfaulte Blüten ab. Im Spannungsfeld zwischen Aufblühen und Verwelken ergründet sie ihre eigene Psyche. «Ich hatte damals einen Alptraum. Ich sah einen Strauss aus Blumen, die am verdursten waren. Mir war klar, dass ich ihnen unbedingt Wasser geben musste. Doch aus irgendeinem Grund konnte ich dies nicht», erzählt Anna Halm Schudel im Gespräch an der Vernissage. Nach dieser Nacht beginnt sie, Rosen zu fotografieren. Sie nimmt das Geträumte in ihren Bildern auf und verarbeitet dadurch auch ihre Vergangenheit. «Die Rose ist ein Symbol für mich selbst», sagt sie. Warum genau führt die Künstlerin nicht aus. Ist es der Durst der Rosen, ihr eigener Durst nach Anerkennung? Steht die Pflanze für ihr Streben nach mehr Selbstwert? Später verrät sie hingegen, es sei ihr heute, durch die intensive Arbeit mit den Blumen, auch möglich zu akzeptieren, dass nicht immer alles gelingen muss und dass es auch in Ordnung sei, einmal zu scheitern.

BRIGITTE LUSTENBERGERS Tulpen welken in Anmut

Eine tiefgründige Auseinandersetzung mit der menschlichen Psyche gelingt auch Fotografin Brigitte Lustenberger. Als ihr einmal vor Jahren ein Geburtstags-Bouquet besser gefiel als es verblüht war, begann sie die welkenden Pflanzen abzulichten. Als einzige Künstlerin zeigt sie in der Ausstellung ihre Arbeiten in Form von Installationen. Eine von ihnen ist ein C-Print mit einem Blütenmotiv, der in einem Wasserbecken liegt. Er wird Laufe der Ausstellung einen degenerativen Prozess durchmachen. «Fotografie ist an sich auch vergänglich, dies möchte sie mit ihrer Installation zeigen» erklärt Brigitte Lustenberger. Es gehe ihr auch darum loszulassen, denn nichts bleibt für immer. Die Metaebene der Fotografie interessiert die in Bern lebende Künstlerin besonders. «Ist es ein menschliches Bedürfnis, Momente zu bewahren? Ist deshalb Fotografie so populär?», fragt sie sich. Mit Salzlösung versucht sie wie eine Wissenschaftlerin die Pflanzen zu konservieren, doch dies gelingt ihr nicht. Während ihres Artist Talk (6. Juli, 16h) möchte sie unter Anderem Raum für solche Diskussionen schaffen.

DENISE HASCHKE entwickelt ein filigranes Herbarium

Ein wissenschaftlicher Aspekt haben auch die Bilder von Denise Haschke. Ihre Arbeiten gleichen einem Herbarium. «Erbari engiadinais ist eine Hommage an Anna Atkins Cyanotypes», erklärt die Künstlerin. Sie stellt ihre Arbeit zum ersten Mal aus. Die Cyanotypien und Lumenprints der gebürtige Aargauerin strahlen eine aussergewöhnlichen Feinfühligkeit aus. Sie lebt heute im Oberengadin, wo sie die zu sehenden Kräuter in der Natur, an Wegrändern und einsamen Plätzen findet. Für ihre Arbeit benutzt sie eine spezielle Technik mit frischen Pflanzen auf dünnem japanischen «In Oshi» Papier. Laut der Künstlerin handelt es sich um einen «meditativen Prozess», der jeden Morgen mit der engadiner Sonne stattfindet. «Meine Bilder sind alle mit UV-Licht zwischen 09:00 – 12:00 beleuchtet, so wird jedes Bild zum Unikat», sagt sie. Im Laufe der Arbeit hat sich die naturverbundene Denise Haschke nicht nur die diffizile fotografische Technik angeeignet, sondern hat sich auch umfassende Kenntnisse zu den verwendeten Heilpflanzen und kräuter angeeignet. Beides wird Thema bei ihrem Artist Talk sein.

Bei ELENA PARRIS tanzen die Blütenblätter

Elene Parris hat ebenfalls eine spezielle Technik für ihre Serie «Flowers» entwickelt. Sie fotografiert die Blüten nachdem sie ihre Teile zerpflückt, zerrupft und zu einer neuen scheinbar perfekten Blüte arrangiert. Die Luzernerin lässt die so entstehenden Gewächse miteinander tanzen und stellt sie in einen Dialog. «Das habe ich schon als Kind immer gemacht», sagt die Fotografin. «Das ist ein Spiel für mich.» Bei ihr beginnt die Dekomposition nicht erst beim Verwelken sondern bereits vorher. Sie gibt ihren Bildern besonders poetische Namen, wie «Together in the boat» oder «Dancers in the night». So erzählt jedes ihrer Bilder eine Geschichte. Sie wird darauf näher eingehen beim Artist Talk (13. Juli, 16h). «Ich liebe es, wenn meine Bilder beim Betrachtenden eine Geschichte im Kopf entsteht», sagt sie. «Es ist so spannend, was man so über den Menschen erfahren kann.»

«FLOWER POWER» oder «FEMPOWERMENT»?

Kritische Stimmen könnten einwenden, dass «Flower Power» eine geschickt gewählte Verkaufstaktik sei. Auch kommt die Frage auf, ob es stereotypisch ist, unter diesem Thema nur weibliche Künstlerinnen auszustellen. Doch die Zusammenarbeit des Fotografinnen-Quartett ist zu einem gegenseitiger Austausch geworden und wird von den Künstlerinnen als Bereicherung empfunden. Gerade in einer Gruppenausstellung wirken die Werke der Künstlerinnen besonders eindrücklich. «Fempowerment» ist spätestens seit dem letzten Frauenstreik ein fest etablierter Begriff, wenn nicht eine aufstrebende, kulturelle Bewegung. Die in der Kunst dargestellten Werte wie Sensibilität, Verletzlichkeit und die Nähe zur Natur sind so gesellschaftskritisch wie aktuell. Dies macht die Ausstellung äusserst sehenswert.

«LA ROSE EST UN SYMBOLE DE MOI-MEME»

Par Corina Rainer, journaliste
Lundi 1er juillet 2019

Quatre femmes photographes, un thème: la fleur. Celui qui s’imagine que l’exposition de la Galerie TART à Zurich est consacrée uniquement à la beauté et à la splendeur florale se trompe. Chacune des artistes utilise l’objet symbolique à sa manière pour aborder un thème plus profond. L’exposition devient ainsi un lieu d’intimité, de contemplation et de réflexion.

ANNA HALM SCHUDEL présente une mer de roses éclatante

Immédiatement à l’entrée, la luxuriante splendeur florale d’Anna Halm Schudel attire le regard. Elle se compose de 60 photographies à forte intensité de couleurs. Des roses, photographiées avec un Polaroid SX70. Les œuvres sont une sélection de son projet entamé en 1996. Depuis 25 ans, la Zurichoise photographie des fleurs fraîches, fanées, desséchées, flétries ou décomposées. A travers la tension entre la floraison et le flétrissement, elle explore sa propre psyché. «J’ai fait un cauchemar à l’époque. J’ai vu un bouquet de fleurs mortes de soif. Je savais que je devais leur donner de l’eau. Mais pour une raison quelconque, je n’ai pas pu le faire», explique Anna Halm Schudel. Après cette nuit-là, elle commence à photographier des roses. Elle reprend le rêve dans ses images et traite ainsi aussi son passé. «La rose est un symbole de moi-même», dit-elle. Pourtant l’artiste ne s’explique pas plus. Est-ce que la soif des roses exprime sa propre soif de reconnaissance? La plante représente-t-elle son désir d’avoir plus d’estime de soi? Un peu plus tard, cependant, elle révèle qu’aujourd’hui grâce à son travail intensif avec les fleurs, elle est désormais capable d’accepter le fait que les choses ne doivent pas toujours réussir et qu’il est acceptable d’échouer parfois.

Les tulipes de BRIGITTE LUSTENBERGER se flétrissent en grâce

La photographe Brigitte Lustenberger réussit également un examen approfondi du psychisme humain. Il y a des années, lorsqu’elle a constaté qu’elle préférait un bouquet d’anniversaire depuis qu’il s’était totalement desséché, elle a commencé à photographier les plantes qui flétrissaient. Elle est la seule artiste de l’exposition à présenter son travail avec une série de trois d’installations. L’une d’elle — un tirage avec un motif floral couché dans un bassin d’eau — subira un processus dégénératif tout au long de l’exposition. «La photographie en soi est transitoire, c’est ce que je veux montrer avec cette installation», explique Brigitte Lustenberger, qui s’intéresse aussi au lâcher-prise, car tout est passager. L’artiste, qui vit à Berne, s’intéresse particulièrement au méta-niveau de la photographie. «Est-ce un besoin humain de préserver les moments? Et donc pour cela que la photographie est si populaire?», se demande-t-elle. Comme une scientifique, elle essaie parfois de conserver les plantes avec une solution saline, mais elle n’y parvient pas. Au cours de la causerie d’artiste qu’elle tiendra le 6 juillet à 16h à la Galerie Tart, elle veut créer un espace pour qu’émergent de telles discussions.

DENISE HASCHKE développe un herbier en filigrane

Les photos de Denise Haschke ont aussi un aspect scientifique. Ses œuvres ressemblent à un herbier. ««Erbari engiadinais» est un hommage aux cyanotypes d’Anna Atkins», explique l’artiste, qui expose ses œuvres pour la première fois. Les cyanotypes et les empreintes lumineuses de l’artiste argovienne rayonnent d’une sensibilité extraordinaire. Aujourd’hui, elle vit en Haute-Engadine, où elle trouve les herbes qu’on peut trouver dans la nature, le long des routes et dans les endroits isolés. Pour son travail, elle utilise une technique spéciale, avec des plantes fraîches sur le papier japonais «In Oshi» qui est très fin. Selon l’artiste, il s’agit d’un «processus méditatif» qui se déroule chaque matin sous le soleil de l’Engadine. «Mes photos sont toutes éclairées par la lumière UV entre 9 heures et midi, et, donc, chacune d’entre elles est unique», dit-elle. Au cours de son travail, cette passionnée de nature qu’est Denise Haschke n’a pas seulement acquis la difficile technique photographique qu’elle utilise, mais elle a également acquis une connaissance approfondie des plantes médicinales et des herbes oubliées de sa région. Les deux feront l’objet de sa causerie d’artiste qui se déroulera le 29 juin à 16h à la Galerie Tart.

Avec ELENA PARRIS, les fleurs dansent

Elene Parris a également développé une technique spéciale pour sa série «Flowers». Elle photographie les fleurs après avoir cueilli leurs morceaux, les avoir déchirés et les avoir arrangés en une nouvelle fleur apparemment parfaite. L’artiste lucernoise fait danser les nouvelles plantes entre elles et les met en dialogue. «J’ai toujours fait ça quand j’étais enfant», dit-elle. C’est un jeu pour moi.» Avec elle, la décomposition ne commence pas par le flétrissement, mais avant. Elle donne à ses images des noms particulièrement poétiques, comme «Ensemble dans le bateau» ou «Danseurs dans la nuit». Chacune de ses photos raconte donc une histoire. Elle en parlera plus en détail dans la causerie d’artiste qu’elle tiendra le 13 juillet à 16h. à la Galerie Tart. «J’adore quand mes images, avec leurs titres, créent une histoire à laquelle le spectateur peut s’associer», dit-elle avant de conclure: «C’est tellement excitant ce qu’on peut apprendre ainsi sur les humains.»

«FLOWER POWER» ou «FEMPOWERMENT»?

Des voix critiques pourraient soutenir que le «Flower Power» peut être une tactique de vente intelligente. La question se pose également de savoir s’il est stéréotypé de n’exposer que des femmes artistes sous ce thème. Mais la collaboration de ce quatuor de femmes photographes est devenue un échange mutuel et a été perçue par les artistes comme un enrichissement. Et les œuvres deviennent particulièrement impressionnantes quand elles sont présentées dans une exposition de groupe. «Fempowerment» est devenu un terme bien établi, du moins depuis la dernière grève des femmes, voire un mouvement culturel en devenir. Les valeurs dépeintes dans l’art, telles que la sensibilité, la vulnérabilité et la proximité de la nature, sont aussi critiques socialement qu’actuellement. Cela rend l’exposition extrêmement intéressante à voir.

Tut en Flur – in voller Blüte
Tart Zürich, Gotthardstrasse 54, 8002 Zürich

Austellung vom 20. Juni bis 20. Juli 2019
Öffnungszeiten: Do-Fr 12-19 Uhr / Sa: 12-17 Uhr

Artist Talks:

22. Juni ab 16 Uhr mit Anna Halm Schudel
29. Juni ab 16 Uhr mit Denise Haschke
06. Juli ab 16 Uhr mit Brigitte Lustenberger
13. Juli ab 16 Uhr mit Elena Parris

Bücher:

Anna Halm Schudel «The never-ending journey»
Verlag Scheidegger & Spiess, 2003 
48.- CHF

Anna Halm Schudel «Blossom – von Verführung und Vergänglichkeit»
Verlag Scheidegger & Spiess, 2019
59.- CHF

Brigitte Lustenberger «Still»
Till Schaap Edition, 2014
28.80 CHF

Galerie Tart Zürich

Anna Halm Schudel

Brigitte Lustenberger

Denise Haschke

Elena Parris

Miryam Abebe, kuratorin

Tut en Flur – in voller Blüte
Tart Zürich, Gotthardstrasse 54, 8002 Zürich

Exposition du 20 juin au 20 juillet 2019
Ouverture du mardi au vendredi de 12h à 19h, samedi de 12h à 17h

Causeries d’artiste:

22 juin dès 16h avec Anna Halm Schudel
29 juin dès 16h avec Denise Haschke
6 juillet dès 16h avec Brigitte Lustenberger
13 juillet dès 16h avec Elena Parris

Livres:

Anna Halm Schudel «The never-ending journey»
Verlag Scheidegger & Spiess, 2003 
48.- CHF

Anna Halm Schudel «Blossom – von Verführung und Vergänglichkeit»
Verlag Scheidegger & Spiess, 2019
59.- CHF

Brigitte Lustenberger «Still»
Till Schaap Edition, 2014
28.80 CHF

Galerie Tart Zürich

Anna Halm Schudel

Brigitte Lustenberger

Denise Haschke

Elena Parris

Miryam Abebe, curatrice


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